„Leiden und Schmerz
sind immer die Voraussetzung
umfassender Erkenntnis
und eines tiefen Herzens.“
(Dostojewski)
Einst beklagte sich ein Mann beim Meister über den Schmerz und das Leid in seinem Leben. „Warum muss ich das alles durchmachen? Wofür ist das gut?“, fragte er ihn voller Frustration. Der Meister hörte ihm aufmerksam zu. Ohne ein Wort zu verlieren, füllte er zwei Töpfe mit Wasser und stellte sie auf das Feuer. Als das Wasser in beiden Töpfen zu kochen begann, legte er in einen Topf einige Kartoffeln und in den anderen Eier. Er setzte sich still dazu und ließ die Dinge ihren Lauf nehmen.
Der Mann wartete ungeduldig und beobachtete verwundert das Schweigen des Meisters. Nach etwa zwanzig Minuten schaltete dieser die Herdplatten aus. Er fischte die Kartoffeln und Eier aus den Töpfen und legte sie in zwei Schüsseln.
Dann wandte er sich an den Mann und fragte: „Was siehst du hier?“
„Kartoffeln und Eier“, antwortete dieser etwas genervt und ratlos.
„Fass die Kartoffeln an“, bat der Meister den Mann. Als er dies tat, stellte er fest, dass sie ganz weich waren. „Jetzt nimm ein Ei und schlag es auf“, forderte er ihn weiter auf. Nachdem er die Schale entfernt hatte, entdeckte er ein hartgekochtes Ei. Noch immer verwirrt fragte der Mann: „Meister, was willst du mir damit zeigen?“
Der Meister lächelte sanft. „Die Kartoffeln und die Eier sind beide demselben kochenden Wasser ausgesetzt gewesen. Doch während die harte Kartoffel durch das Wasser weich geworden ist, wurde das fragile Ei durch die Hitze innerlich fest. Sie haben beide dasselbe erlebt, aber auf ganz unterschiedliche Weise reagiert.“
Nach einer kurzen Pause fragte er: „Wie ist es bei dir? Wenn das Leben dich auf die Probe stellt – bist du dann wie die Kartoffel, die nachgibt, oder wie das Ei, das sich verhärtet?
Wenn du also das nächste Mal vor einer Herausforderung stehst, frage dich, wie du reagieren möchtest“, sagt der Meister abschließend.