Montagsimpuls

02.05.2023

Wenn man sagen muss: Dumm gelaufen!




Für manche Dinge gibt es keine Lösung. Da kann man nur sagen: „Dumm gelaufen!“





Zur Situation



„Sehr geehrter Herr Rieck,
Leider ist von uns niemand informiert worden, dass die auf 20 Uhr angesetzte Supervision ausfällt. Das war sehr schade und die Enttäuschung und Verärgerung darüber, dass man umsonst extra gekommen ist, natürlich groß.“

Als ich diese Mail las, wurde es mir kalt und warm zugleich. „Oh Sch…“, dachte ich mir. „Das ist jetzt wirklich dumm gelaufen.“



Und was jetzt?



Für eine Situation wie diese gibt es keine Lösung. Zudem ist sie emotional behaftet: diejenigen, die „umsonst“ kamen sind wütend und enttäuscht und ich ärgere mich über mich selbst. Ich spürte zunächst aus Scham den Impuls in mir, den Beteiligten zukünftig eher aus dem Weg gehen zu wollen.
Doch dann besann ich mich und überlegte mir, was mir helfen könnte, die Situation zu verarbeiten. Mir kam die folgende Geschichte in den Sinn:




Weisheitsgeschichte: "Der zersprungene Krug"



Es war einmal eine Frau, die zwei große Tonkrüge hatte. Diese trug sie auf ihren Schultern, wenn sie täglich zum Brunnen ging, um Wasser zu schöpfen. Eines Tage geschah ihr ein Missgeschick, so dass eine der Krüge einen Sprung abbekam. Die Frau ärgerte sich wegen ihres Missgeschicks, denn am Ende des langen Weges enthielt der eine Krug stets nur noch die halbe Portion Wasser. Jedes Mal aufs Neue ärgerte sich die Frau über das Missgeschick.

Nach einiger Zeit fiel ihr jedoch auf, dass am Weg – auf der Seite des zersprungenen Kruges – Blumen zu blühen begannen. Weil also das Missgeschick geschehen ist, blühen nun mitten in der Wüste Blumen. (nach einer afrikanischen Weisheit)



Was hilft im Umgang mit Situationen, die sich nicht ändern lassen?



Ich erinnerte mich an die Geschichte mit den beiden Krügen und stellte mir die Frage: „Wie kann am Ende vielleicht doch noch etwas Konstruktives aus der Situation entstehen?“ Mir hat Folgendes im Umgang mit der Situation geholfen:

  • Die Einstellung: „Diejenigen, die umsonst kamen dürfen wütend und enttäuscht sein.“ Sowie: „Ich darf mich schämen und wütend auf mich sein.“ Letztlich leigt es nicht in meiner Hand, wie jede und jeder einzelne aus der Situation umgeht. (Love it!)
  • Aber auch: Ich darf die Situation gedanklich in eine Schublade stecken und diese zumachen. Ich weiß, dass diese Gefühle ein Teil von mir sind und immer zu mir gehören werden. Deshalb muss ich nicht ständig um sie kreisen.
  • Wenn mich eine Situation beschäftigt, kann ich mich fragen: „Worauf möchte mich die Situation wohl hinweisen?“ Manchmal ist es ja auch so, dass man sich kurz zuvor über jemanden und dessen Unzuverlässigkeit aufgeregt hat…
  • „Was kann ich aus der Situation lernen? Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?“ Durch diese Frage geht der Blick nach vorne. (Change it!)
  • Mir tat es gut, eine Art „Wiedergutmachung“ anzubieten. Dabei war es mir wichtig, dass die Betroffenen ihre Wünsche äußern dürfen: „Wie kann ich es wieder gut machen? Worüber freut ihr euch?“


Fazit




Mir selbst hat die Situation gezeigt: Es lässt sich nicht verhindern, dass man Situationen erlebt, bei denen man denkt: „Dumm gelaufen!“ Mir half der Blick auf die Geschichte mit den beiden Krügen, und ich vertraute darauf, dass das Ganze für irgendetwas gut ist, das ich noch nicht erkennen konnte.
Und als wir uns wieder trafen, sagte die Leitungskraft zu mir: „Wissen Sie, Herr Rieck, es erleichtert mich, dass Ihnen auch mal ein Schnitzer passiert… Ach ja: über einen selbstgebackenen Kuchen würden wir uns freuen.“

Dieser Wunsch tat mir gut, denn so konnte ich aktiv werden und mich an einem Ausgleich beteiligen.





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