Für manche Dinge gibt es keine Lösung. Da kann man nur sagen: „Dumm gelaufen!“
„Sehr geehrter Herr Rieck,
Leider ist von uns niemand informiert worden, dass die auf 20 Uhr angesetzte Supervision ausfällt. Das war sehr schade und die Enttäuschung und Verärgerung darüber, dass man umsonst extra gekommen ist, natürlich groß.“
Als ich diese Mail las, wurde es mir kalt und warm zugleich. „Oh Sch…“, dachte ich mir. „Das ist jetzt wirklich dumm gelaufen.“
Für eine Situation wie diese gibt es keine Lösung. Zudem ist sie emotional behaftet: diejenigen, die „umsonst“ kamen sind wütend und enttäuscht und ich ärgere mich über mich selbst. Ich spürte zunächst aus Scham den Impuls in mir, den Beteiligten zukünftig eher aus dem Weg gehen zu wollen.
Doch dann besann ich mich und überlegte mir, was mir helfen könnte, die Situation zu verarbeiten. Mir kam die folgende Geschichte in den Sinn:
Es war einmal eine Frau, die zwei große Tonkrüge hatte. Diese trug sie auf ihren Schultern, wenn sie täglich zum Brunnen ging, um Wasser zu schöpfen. Eines Tage geschah ihr ein Missgeschick, so dass eine der Krüge einen Sprung abbekam. Die Frau ärgerte sich wegen ihres Missgeschicks, denn am Ende des langen Weges enthielt der eine Krug stets nur noch die halbe Portion Wasser. Jedes Mal aufs Neue ärgerte sich die Frau über das Missgeschick.
Nach einiger Zeit fiel ihr jedoch auf, dass am Weg – auf der Seite des zersprungenen Kruges – Blumen zu blühen begannen. Weil also das Missgeschick geschehen ist, blühen nun mitten in der Wüste Blumen. (nach einer afrikanischen Weisheit)
Ich erinnerte mich an die Geschichte mit den beiden Krügen und stellte mir die Frage: „Wie kann am Ende vielleicht doch noch etwas Konstruktives aus der Situation entstehen?“ Mir hat Folgendes im Umgang mit der Situation geholfen:
Mir selbst hat die Situation gezeigt: Es lässt sich nicht verhindern, dass man Situationen erlebt, bei denen man denkt: „Dumm gelaufen!“ Mir half der Blick auf die Geschichte mit den beiden Krügen, und ich vertraute darauf, dass das Ganze für irgendetwas gut ist, das ich noch nicht erkennen konnte.
Und als wir uns wieder trafen, sagte die Leitungskraft zu mir: „Wissen Sie, Herr Rieck, es erleichtert mich, dass Ihnen auch mal ein Schnitzer passiert… Ach ja: über einen selbstgebackenen Kuchen würden wir uns freuen.“
Dieser Wunsch tat mir gut, denn so konnte ich aktiv werden und mich an einem Ausgleich beteiligen.