Montagsimpuls

„Eines Tages kam ein Mann zum Meister, um einen Streit zu beschreiben, in dem er sich befand. Er erklärte akribisch, warum seine Position offensichtlich die vernünftigste und korrekteste war. „Was sagst du also, Meister? Habe ich Recht, oder hat er Recht?“ fragte der Mann.  „Natürlich hast du Recht!“, sagte der Weise. Der Mann strahlte und ging in guter Stimmung hinaus. Kurz darauf kam der andere am Streit beteiligte Mann, um den Weisen zu befragen. Der Mann präsentierte seine Seite der Geschichte. „Was meinst du, Meister? Wer hat Recht und wer hat Unrecht?“ fragte der Mann. „Natürlich hast du Recht!“, sagte der Weise. Der Mann strahlte und ging in guter Stimmung hinaus.“ (überliefert)

Recht haben zu wollen ist ein großes Bedürfnis. Wenn jemand widerspricht, verbrauchen wir enorme psychische, mentale und emotionale Energien, um ihn dazu zu zwingen, die Dinge auf unsere Weise zu sehen. Wir streiten mit ihm. Doch das funktioniert normalerweise (leider) nicht. Streitereien bringen selten Zustimmung, sondern vergrößern den Graben zwischen uns. Selbst die allerbeste Argumentation kann die andere Partei nicht überzeugen, denn im Streit geht es ab einem gewissen Punkt nicht mehr um die Wahrheit: Es geht um das sehr menschliche Bedürfnis Recht zu haben und das Gesicht nicht zu verlieren – unabhängig von den Fakten. Ein Ausweg aus dieser Spirale ist es, darauf zu verzichten, Recht haben zu wollen und zu akzeptieren, dass jeder Mensch seinen eigenen Blick auf die Wirklichkeit hat: Ich habe Recht! Und du hast Recht. Wir haben beide Recht. Jede und jeder aus seiner Sicht. Wenn wir dies akzeptieren, können wir aufhören zu kämpfen und uns auf Augenhöhe begegnen.